Die zweite Hybrid App Welle: Neue Frameworks und Anbieter bringen frischen Wind in die Native vs. Hybrid Debatte
er sich über Hybrid Apps informiert, stößt früher oder später auf das legendäre Techcrunch Interview mit Marc Zuckerberg, in dem der Facebook Gründer die Entwicklung der Facebook Apps auf HTML5 Basis als „biggest mistake“ betitelte. Anstatt eine App für jede einzelne Plattform (iOS, Android, Windows Phone) zu erstellen, ging Facebook den Weg einer Hybrid App auf HTML5 Basis.
Der Vorteil: Alle Plattformen einschließlich der mobilen Webseite konnten mit demselben Quellcode geschrieben werden. Die App jedoch zog mehr und mehr Kritik auf sich: Zu langsam, kein natives Scrolling-Gefühl, zu ruckelig. Die Enttäuschung Zuckerbergs schien berechtigt und 2012 wurde die hybride Facebook App durch native Apps ausgetauscht und damit den Vertretern der Hybrid App Bewegung der Wind aus den Segeln genommen.
Facebooks Pläne einer rein webbasierten Mobile Strategie waren im Nachhinein betrachtet zu ambitioniert. Zum einen, weil die zu Grunde liegenden Technologien noch lange nicht ausgereift waren. Der erste HTML5 Release Candidate wurde von der W3C erst im Dezember 2012 veröffentlicht. PhoneGap wurde erst 2011 von Adobe übernommen und damit zum Einfallstor des ersten großen Infrastruktur-Anbieters in das Hybrid App Ökosystem. Zum anderen wurden die Web Views – die mobilen Browser, in denen Hybrid Apps ausgeführt werden – von den Betriebssystemen iOS und Android stiefmütterlich behandelt und so gut wie nicht weiterentwickelt. Dies hatte zur Folge, dass die Geräte zwar immer besser, Hybrid Apps aber gefühlt immer schlechter wurden.
Seit anderthalb Jahren aber kehrt wieder frischer Wind in die Hybrid vs. Native Debatte und vielversprechende Hybrid Apps erobern die App Stores. Für diesen Durchbruch sind drei Faktoren maßgeblich verantwortlich:
- Große Unternehmen investieren in das Hybrid App Ökosystem. 2011 machte Adobe mit der Akquisition von PhoneGap den Anfang. Intel folgte dem Beispiel 2013 und kaufte mit appMobi eine weitere Hybrid App Plattform und startete im gleichen Jahr das Crosswalk-Projekt – ein Open Source Tool für Hybrid Entwickler. Auch IBM und Telerik unterhalten mittlerweile ihre eigenen Entwickler-Tools und –plattformen. Und nicht zuletzt Microsoft bietet seit letztem Jahr umfangreichen Support für die Hybrid App Entwicklung.
- iOS und Android geben ihren Web Views mehr Power. Hatte es in der Vergangenheit noch den Anschein, als ob die OS Hersteller Hybrid Apps das Wasser abgraben wollten, haben im letzten Jahr sowohl Apple als auch Google für die Web Views ihrer Betriebssysteme umfangreiche Updates veröffentlicht. So wurde unter Android 4.4 & 5 die Web View nach vier langen Jahren grundlegend erneuert.
- Neue Frameworks sorgen für modernes und zeitgemäßes Aussehen von Hybrid Apps. Allen voran das Ionic Framework hat sich der Mission verschrieben, nicht nur die optimale Performance aus Hybrid Apps herauszuholen, sondern auch hinsichtlich der User Experience neue Maßstäbe zu setzen. Das Team aus Wisconsin hat in einer zweiten Finanzierungsrunde gerade 2,6 Mio. $ eingesammelt und bereits eine beachtliche Community hinter sich versammelt. Weitere Frameworkanbieter wie Famo.us oder Reapp stehen in den Startlöchern, um den Markt weiter anzuheizen.
Noch ist nicht absehbar, ob sich Hybrid Apps tatsächlich im Mainstream der App Entwicklung etablieren werden. Weiterhin gibt es Einstiegsbarrieren wie zum Beispiel die relativ komplizierte Beherrschbarkeit der Tools und die scheinbare Undurchsichtigkeit der Frameworks. Die Vorteile aber liegen auf der Hand und positive Beispiele gibt es – im Gegensatz noch zu 2011 – viele. Die hybride Fitness App sworkit zum Beispiel wurde bereits 4 Millionen mal heruntergeladen und dazu im Apple App Store, Google Play Store und Windows Phone App Store gefeatured. Auch der Blog Aggregator Feedly setzt auf Hybrid Apps und erreicht damit laut eigenen Angaben 15 Millionen User. Große Portale wie Instagram verwenden für Teile ihrer App – bei Instagram die Timeline – die Web View und HTML5.
Die Frage, ob nativ oder hybrid, wird uns also noch eine Weile erhalten bleiben.
Dieser Artikel ist im Mobile-Magazin Mobile Zeitgeist erschienen.